Ein ganz normaler Montagabend in der Talsand-Sporthalle. Übungsleiterin Christel Brosch empfängt ihre Aerobic-Frauengruppe zum einstündigen Training. Ein ganz normaler Montagabend? Mitnichten! Denn einige Frauen haben Präsente in der Hand, der Vereinsvorsitzende Jörg Anker und TSV-Geschäftsführerin Ines Taubert sind zu Gast und ebenfalls nicht mit leeren Händen gekommen. Denn: Christel Brosch feiert an diesem – ja tatsächlich (!) – Tag einen runden Geburtstag. Die Ziffern „5“ und „7“ sind in ihrem Alter nun enthalten und man mag es kaum glauben, dass die Altersangabe nicht „57“ heißt.
Anfang der 80er-Jahre war Christel Brosch als Mitglied in eine Übungsgruppe von Edelgard Mettin (später Stolzmann) bei der BSG Aufbau gekommen. Schon bald reizte sie aber auch, solche Gruppen einmal selbst zu leiten. „Ich habe alles an Aus- und Fortbildungen mitgenommen, was mir so angeboten wurde, sogar Tae Bo“, erinnert sich Christel Brosch vier Jahrzehnte zurück. Ende September 1985 startete sie dann als ehrenamtliche Übungsleiterin ihrer ersten Gruppe. Und sie sagt heute: „Ich habe immer noch Lampenfieber vor jeder Übungsstunde, das gehört einfach dazu. Ich schreibe auch für jeden Abend eine neue Choreografie“ – sagt es und zückt drei DIN-A-4-Zettel, auf denen das Programm dieses Abends aufgeschrieben ist.
„Beifall ist mein Lohn“
Das Training beginnt diesmal allerdings etwas verspätet. Zunächst lässt Jörg Anker die Gruppe um Christel Brosch zusammenkommen und beginnt eine kleine Laudatio. „Ich bin 1992 zu Blau-Weiß gekommen – Christel war schon da. Man kann sie mit Fug und Recht als Urgestein unseres Vereins bezeichnen, in dem sie anfangs eine ABM-Stelle besetzte und nach deren Auslaufen das Training dann ehrenamtlich weiter leitete. Wir waren heilfroh. Und Christel ist heute immer noch da!“ Kopfnicken in der Runde, Beifall.
Seit 32 Jahren ununterbrochen betreut Christel Brosch Gruppen beim TSV Blau-Weiß, zu Hoch-Zeiten waren es insgesamt mehr als 200 Sportlerinnen pro Woche. Nach dem Auslaufen der ABM hatte die gelernte Laborantin und spätere Sekretärin auch mal darüber nachgedacht, sich in der Fitnessbranche selbstständig zu machen, also damit Geld zu verdienen. „Ich habe mich letztlich aber dagegen entschieden – im Ehrenamt ist der Beifall der Sportler mein Lohn. Und der Sport gibt mir neben der eigenen Fitness ganz viel, hat mir vor knapp 20 Jahren auch entscheidend beim Bewältigen einer schweren Erkrankung geholfen“, sagt Christel Brosch.
Heute sind es in vier Gruppen insgesamt rund 100 Frauen, die zu Aerobic, Step-Aerobic und Rückenschule montags, dienstags und mittwochs zusammenkommen. Und eben auch an diesem Montag. Es kam für Christel Brosch überhaupt nicht in Frage, diese Stunde trotz des runden Geburtstages ausfallen zu lassen. Allein dieser Fakt sagt ganz, ganz viel über ihr Engagement.
Goldene Ehrennadel des Landessportbundes
Und dafür gab es an diesem Abend auch die hochverdiente Anerkennung: Aus den Händen des Blau-Weiß-Vorsitzenden Jörg Anker durfte Christel Brosch neben Blumen und einem Geschenkgutschein vor allem auch die Goldene Ehrennadel des Landessportbundes in Empfang nehmen. Da war die äußerst taffe und höchst fitte Jubilarin dann doch baff. Und emotional überwältigt, musste sich ein Tränchen aus dem Gesicht wischen. „Christel ist aktuell unser einziges Mitglied im Verein, die diese hohe Auszeichnung hat“, sagt Ines Taubert.
Die Frauengruppe schloss sich mit vielen guten Wünschen, großem Dank für so ideenreiche Sportstunden und diversen Präsenten den Glückwüschen an. Dann aber hieß es: Musik an – heute ist doch schließlich ein normaler Montag-Übungsabend ….
(Jörg Matthies)